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Stolpersteine in AGB

Mag. Oskar Löbl, Rechtsanwalt bei GLTP Foto: Christoph Plank

01.03.2024

Wenn einem die eigenen Vertragsbestimmungen in den Rücken fallen

Die Angst vorm Kleingedruckten ist wohl unter Verbrauchern am weitesten verbreitet, nicht so bei Unternehmern. Die Praxis zeigt jedoch, dass Unternehmer sich oft in Sicherheit wiegen, tatsächlich aber keinen vollständigen Überblick über die eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) haben und durch Verwendung veralteter Stückwerke im Lichte aktueller höchstgerichtlicher Urteile Gefahr laufen, gesetzlich – eigentlich bestehende – Ansprüche zu verlieren. 

Praxisfall

Ein Verbraucher erwarb eine Einbauküche. In den AGB war für den Fall eines unberechtigten Vertragsrücktritts des Käufers ein Wahlrecht des Verkäufers (ein Unternehmer) zwischen einem pauschalierten Schadenersatz in Höhe von 20 % des Kaufpreises und dem vollständigen Ersatz des verursachten Schadens festgehalten. Weil der Verbraucher vom Vertrag zurücktrat, klagte der Unternehmer auf Ersatz des tatsächlich entstandenen Schadens und stützte sich dabei gar nicht auf seine AGB, sondern auf den gesetzlich bestehenden Anspruch auf Schadenersatz nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB). Die Gerichte wiesen seinen ausschließlich auf das Gesetz (!) gestützten Anspruch dennoch ab. 

Grundlagen

Damit AGB auf einen Vertrag anwendbar sind, müssen sie spätestens bei (besser noch vor) Vertragsabschluss vereinbart werden. Der Vertragspartner muss die Möglichkeit haben, von den AGB Kenntnis zu erlangen. Die Möglichkeit reicht dabei aus. Tatsächliche Kenntnis ist nicht erforderlich. Sofern diese Hürde genommen und die AGB wirksam vereinbart wurden, bewirkt dies aber nicht zwingend die Gültigkeit sämtlicher Klauseln. Jede einzelne Klausel muss zudem der sogenannten Geltungskontrolle standhalten. 

Nach dem Gesetz sind einzelne Klauseln nämlich ungültig, wenn sie ungewöhnlich und für den anderen Vertragsteil nachteilig sind und er nach den Umständen nicht mit ihnen rechnen musste. Es sei denn, er wurde besonders darauf hingewiesen. Nach dieser zweiten Hürde, der Geltungskontrolle, muss jede Klausel auch noch der Inhaltskontrolle standhalten. Sofern die Klausel keine Hauptleistung festlegt und zudem gröblich benachteiligend ist, ist sie wiederum ungültig. Daneben sind für Verbrauchergeschäfte strengere Inhaltskontrollen und das Transparenzgebot zu beachten. 

Immer noch ist unter Unternehmern die Meinung verbreitet, bei Wegfall einer solchen Klausel würde man ohnehin das bekommen, was einem nach dem Gesetz zusteht, weshalb Klauseln nach dem Motto: „Darf’s ein bisserl mehr sein?“ gerne überschießend formuliert werden. Genau darin erkennt die Rechtsprechung aber eine problematische, zu unterbindende Praxis. 

Rechtsprechung

Bezogen auf den eingangs beschriebenen Fall hielt das Gericht die pauschale Festlegung einer Stornogebühr von 20 % für gröblich benachteiligend und daher unzulässig. Eine solche Bestimmung in den AGB eröffnet dem Unternehmer nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) die Möglichkeit, wahlweise eine den tatsächlich entstandenen Schaden übersteigende Entschädigung zu verlangen. Sie kann nicht in einen missbräuchlichen (die pauschale Stornogebühr i. H. v. 20 %) und einen zulässigen Teil (Ersatz des tatsächlich entstandenen Schadens nach dem Gesetz) gespalten werden und ist daher gänzlich ungültig. 

Um abschreckende Wirkung zu entfalten, soll die Nichtigkeit der Klausel dazu führen, den Verbraucher von jeglicher (auch gesetzlich vorgesehener) Schadenersatzpflicht zu befreien. Daraus resultiert letztlich eine Bestrafung des Unternehmers, der sich solcher AGB bedient, um dieser Praxis ein Ende zu setzen. Denn Ziel der seit 30 Jahren bestehenden Klausel-Richtlinie der Europäischen Union ist laut EuGH das Hintanhalten der Verwendung missbräuchlicher Klauseln. 

Die Rechtsprechung zur Einbauküche ist richtungsweisend und hat Einfluss auf eine Vielzahl von Fallkonstellationen. Betroffene Unternehmer müssen sich solcherart selbstverschuldet von eigentlich gesetzlich zustehenden Ansprüchen verabschieden. Ob der Unternehmer etwas herstellt (Werkvertrag) oder bloß handelt (Kaufvertrag), macht dabei keinen Unterschied. 

Die Experten von GLTP empfehlen daher, AGB nie im Alleingang selbst zu erstellen, sondern immer einen Juristen beizuziehen, und prüfen gerne Ihre Anliegen nach einem persönlichen Beratungsgespräch im Detail.