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Agilität – weit mehr als ein Schlagwort

Proaktiv und feedbackorientiert: Agiles Arbeiten gilt als beste Methode für Unternehmen, den Anforderungen der Digitalisierung erfolgreich zu begegnen. Foto: colourbox.de

31.03.2022

Wie können wir anders – weniger starr – arbeiten? Mit dieser Frage haben sich seit dem Aufkommen des Begriffs „New Work“ viele Menschen beschäftigt, auch in Steuerkanzleien.

Keine Frage: Wir leben bzw. arbeiten in einer Zeit der Veränderung. New Work ist in aller Munde und steht für ein neues Verständnis von Arbeit in Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung. Immer mehr Unternehmen hinterfragen klassische Hierarchiegefälle und Arbeitszeitmodelle und versuchen sich in neuen Methoden und Strukturen.Schon länger wird intensiv von „Agilität” gesprochen. Hierbei handelt es sich um eines der wichtigsten Schlagwörter, wenn es um das „neue Arbeiten“ geht. Gemeint ist schlicht die bessere Gestaltung von Prozessen: Abläufe im Unternehmen sollen flexibler und vor allem anpassungsfähiger werden. Entwickelt hat sich diese Methode im Software-Bereich und wurde nach und nach in anderen Gebieten erfolgreich angewandt.

Selbstorganisiert und flexibel

Schaut man sich den Trend der Agilität genauer an, stellt man fest: Oft wird agileres Arbeiten missverstanden und mit „mehr Effizienz” gleichgesetzt. Doch das ist gar nicht gemeint. Agiles Arbeiten bedeutet in einem ersten Schritt nur, dass man die Arbeitsweisen gemeinsam mit seinem Team regelmäßig hinterfragt und Schritt für Schritt anpasst, um rascher zu besseren Ergebnissen zu kommen. Im Kern geht es also darum, weniger starr, prozessorientiert und reaktiv zu handeln. Stattdessen rücken Selbstorganisation und Flexibilität in den Fokus. Man kann agiles Arbeiten auch als ein Streben nach Anpassungsfähigkeit beschreiben.

Agiles Arbeiten in den Kanzleien

Macht es nun aber Sinn, in der Steuerberatung an agiles Arbeiten zu denken? Und wie kann eine Arbeitsweise, die eigentlich aus der Softwareentwicklung kommt, in diese Branche überführt werden – wo doch Steuerkanzleien und IT-Firmen komplett unterschiedlich zu sein scheinen?

Tatsache ist, dass agile Methoden – wissenschaftlich belegt – enorme Erfolge in der Steigerung von Qualität, Effizienz und Geschwindigkeit vorweisen. So mancher denkt nun vermutlich: „Schön und gut, doch ein Steuerberater entwirft ja kein neues, innovatives Software-Produkt.“ Das mag stimmen, doch die Sache mit der Flexibilität lässt sich viel weiter denken. Denn auch wenn sich das Kerngeschäft einer Kanzlei nicht grundlegend ändert, das Umfeld, in dem diese agiert, ändert sich sehr wohl: die Mitarbeiter, die Mandanten, die Arbeitsweisen, die Art der Kommunikation und Zusammenarbeit (siehe dazu auch Seite 12: „Wie sieht die Kanzlei der Zukunft aus?“).

Es gibt also sehr viele Bereiche, in denen Steuerberater von Agilität und insbesondere von Flexibilität profitieren können. Der Arbeitsmarkt erfordert flexiblere Arbeitsweisen, neue Talente treten als Digital Natives ins Unternehmen ein und erwarten ein modernes Arbeitsumfeld. Die Mandaten stellen höhere Ansprüche und wünschen sich mehr Transparenz hinsichtlich Leistung und Gegenleistung. Steuerberatern bleibt in diesem Zusammenhang nichts anderes übrig, als das Kanzleimanagement den sich ändernden Begebenheiten anzupassen. Nun müssen ja nicht gleich Methoden wie „Kanban“ oder „Scrum“ eingesetzt werden (siehe Infobox), um die Agilität zu erhöhen. Schon die Umsetzung weniger Schritte kann dazu führen, gewohnte Denkmuster recht unkompliziert zu durchbrechen.

In kurzen, regelmäßigen Meetings erzählt jedes Teammitglied, woran es gerade arbeitet und was es braucht, um bei dieser Arbeit Fortschritte zu erzielen. Der Teamleiter sorgt dafür, dass der zu leistende Beitrag eines jeden, um das Team an diesem Tag voranzubringen, klar zur Geltung kommt. Wichtig ist, die Dauer dieser Meetings streng zu limitieren: Zehn bis 15 Minuten täglich sind vollkommen ausreichend.

Auch die Visualisierung steht bei agilen Methoden im Fokus: Was steht an? Woran wird gearbeitet? Was ist erledigt? Diese Fragen und ihre Antworten können mit Hilfe von Post-its oder Whiteboards für alle einsehbar visualisiert werden. So sind Fortschritte gut erkennbar.

Kurze Feedbackschleifen

Agiles Arbeiten zeichnet sich auch durch regelmäßige Feedbackschleifen aus. Diese machen in Abständen von ein bis zwei Wochen Sinn und auch nur, wenn wenige, aber konkrete Verbesserungsvorschläge mitgegeben werden. Diese werden anschließend umgesetzt und in der nächsten Feedbackrunde bewertet.

Steuerberater und Mandant als Team

Agiles Arbeiten bedeutet auch, den Mandanten mehr mit ins Boot zu holen. Ihm wird nicht mehr das fertige Ergebnis einer im Vorfeld streng festgelegten Agenda präsentiert, vielmehr wird er eng eingebunden, da ihm laufend Einzelschritte präsentiert werden.

Gleichzeitig verschiebt sich die Rolle des Steuerberaters. Er wird Teil des Mandantenteams, kann zum Beispiel laufend dessen Entscheidungen hinterfragen. Ein Beispiel: Der Mandant erhält detaillierte Auswertungen in Echtzeit, nicht mehr nur etwa eine monatliche Liquiditätsvorschau, und kann auf dieser Basis situativ Entscheidungen ableiten und fällen. Gegenüber steht der Steuerberater, der die Entscheidungen prüft – partnerschaftlich statt von oben beratend.
  

BEKANNTE AGILE METHODEN: SCRUM UND KANBAN

Kanban stammt ursprünglich aus Japan. Der erste Schritt bei der Einführung besteht darin, den bestehenden Workflow, die vorhandene Arbeit sowie Probleme zu visualisieren. Dies wird in Form eines Kanban-Boards getan, das z. B. aus einem einfachen Whiteboard und Haftnotizen oder Karteikarten besteht. Aufgaben werden in kleine Schritte geteilt und zeitlich nacheinander abgearbeitet.

Scrum (englisch für „Gedränge“) beruht auf der Erkenntnis, dass sich Organisationen in ihrem Projektmanagement oft selbst im Weg stehen. Vor allem deshalb, weil sie versuchen, Projekte in einen vollumfänglichen Plan zu packen. Die Scrum-Methode stützt sich nicht auf ein final festgelegtes Endergebnis, sie geht in Etappen vor. Von einem Zwischenergebnis zum nächsten. Ist ein Milestone erreicht, geht das Projektteam noch einmal in sich; die Erkenntnisse werden in das laufende Projekt integriert. Der Effekt: ein bestmögliches Projektergebnis, in das alle aufkommenden Ideen eingebunden wurden.